Körpertherapie
H.Wittmann
Bestimmte Bewegungen und Berührungen, eine bewusste Atmung sowie ein achtsamer Umgang mit dem eigenen Körper fördern die seelische und körperliche Gesundheit. Wie läuft eine Körpertherapie abläuft und wann sie geeignet ist?
Was ist Körpertherapie?
Ein Lebensstil mit wenig Bewegung, häufigem Sitzen und hohem Stress beeinträchtigt direkt die körperliche und psychische Gesundheit. Mit einer Körpertherapie lässt sich dann gegensteuern. Dabei wird versucht, durch gezielte Übungen die Gesundheit des Patienten zu verbessern. Physiotherapie und reinen Massagebehandlungen wird der Patient hier angeregt, sich aktiv und aufmerksam mit seinem Körper auseinanderzusetzen. Es gibt eine große Bandbreite an Schulen und Methoden, die unter den Begriff Körpertherapie fallen. Dazu gehören beispielsweise Qigong oder die funktionelle Entspannung. In den letzten Jahren haben Körpertherapien zunehmend an Bedeutung gewonnen. In vielen Kliniken sind sie bereits fester Bestandteil der Behandlung.
Körperpsychotherapie
Im Bereich der Psychotherapie gibt es die Körperpsychotherapie. Hier liegt der Fokus auf dem engen Wechselspiel zwischen Psyche und Körper: Unser psychischer Zustand wirkt sich beispielsweise auf den Körper aus, wenn wir nervös sind und schneller atmen. Umgekehrt können wir aber auch über die Psyche den Körper beeinflussen, indem wir ruhig atmen und dadurch Nervosität abbauen. Besonders deutlich zeigt sich der Zusammenhang zwischen Leib und Seele bei psychosomatischen Störungen. Das sind Störungen, bei denen sich psychische Probleme anhand körperlicher Symptome äußern. Der Körperpsychotherapeut verbindet psychotherapeutische Methoden mit körperlichen Übungen. Angefangen von Körperwahrnehmungsübungen bis hin zu Atemübungen und psychophysiologischen Stressbewältigungsmethoden bietet die Körperpsychotherapie für die verschiedensten Probleme Techniken und Übungen.
Wann macht man eine Körpertherapie und was kostet sie?
Eine Körpertherapie ist bei vielen körperlichen Beschwerden hilfreich. Wenn Sie unter Schmerzen leiden, sollten Sie zuerst einen Arzt aufsuchen, um mögliche körperliche Ursachen abzuklären. Viele Menschen leiden jedoch unter Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen, bei denen nie eine Ursache gefunden wird. Auch bei psychischen Problemen kann die Körpertherapie den psychotherapeutischen Prozess unterstützen. Wenn Sie aus psychischen Gründen eine Körpertherapie in Anspruch nehmen möchten, sollten Sie auf die Ausbildung des Körpertherapeuten achten. Der Begriff Körpertherapie ist nicht gesetzlich geschützt. Nur ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten sowie Heilpraktiker für Psychotherapie haben die entsprechende Ausbildung, um psychische Störungen behandeln zu können. Die Kosten einer Körpertherapie werden nicht von den Krankenkassen übernommen. Wenn aber Verhaltens- oder psychodynamische Therapeuten Techniken der Körpertherapie in die Psychotherapie einbinden, können sie die Behandlung über die Krankenkassen abrechnen. Ob private Kassen die Kosten übernehmen, hängt vom jeweiligen Vertrag ab. Erkundigen Sie sich im Vorfeld darüber!
Was macht man bei einer Körpertherapie?
Die Methoden, die in der Körpertherapie eingesetzt werden, sind sehr vielseitig. Körpertherapeuten vertreten meist bestimmte Schulen, die unterschiedliche Methoden anwenden. Im Folgenden finden Sie eine kleine Auswahl an Schulen, die zur Körpertherapie gehören sowie deren Methoden:
Sensomotorische Körpertherapie nach Dr. Pohl (Pohltherapie®)
Die psychologische Psychotherapeutin Helga Pohl hat die sensomotorische Körpertherapie entwickelt. Sie eignet sich für Patienten mit chronischen Schmerzen, Problemen in der Beweglichkeit oder auch körperlichen Beschwerden, die keine organische Ursache haben (z.B. ständige Bauchschmerzen). Auch Depressionen und Ängste, Erschöpfungszustände und Burnout sind Diagnosen, bei denen eine Pohltherapie® versucht werden kann. Sensomotorische Körpertherapie-Übungen stärken einen achtsamen Umgang mit dem Körper. Denn häufig sehen und erkennen die Patienten den Grund für ihre Schmerzen nicht. Eine dauerhafte Anspannung der Schultern oder eine Schiefhaltung kann weitreichende Folgen haben. Mit gezielten Berührungen und Bewegungen bearbeitet der sensorische Körpertherapeut die Problemstellen. Einige Übungen kann der Patient auch selbst durchführen. Eine typische Übung ist etwa das An- und Entspannen von Muskeln, um sich zu lockern und den Unterschied zwischen gesundem Zustand und Verspannung zu lernen. Zur sensomotorischen Körpertherapie gehört auch die Bearbeitung des Bindegewebes. Dazu bearbeitet der Körpertherapeut die Haut mit rollenden Bewegungen. Am Ende der sensomotorischen Körpertherapie soll der Patient ein Bewusstsein für ungünstige Haltungen oder Bewegungen haben und sich in seinem Körper wohl und locker fühlen.
Rosenmethode
Diese Methode stammt von der Physiotherapeutin Marion Rosen. Als heilende Quelle steht hier die Berührung mit den Händen im Mittelpunkt der Behandlung. Es ist ein psychospiritueller Ansatz, bei dem der Körpertherapeut durch seine Berührung Blockaden im Bewusstsein des Patienten löst. Verspannungen im Körper werden als Ausdruck von unterdrückten Gefühlen interpretiert.
Skan-Körpertherapie
Die Skan-Körpertherapie (Skan ist ein Wort aus der Sprache der Lakota-Indianer und bedeutet: das, was sich bewegt) hat ihre Wurzeln in der Tiefenpsychologie. Das Hauptziel in der Skan-Körpertherapie ist es, Blockaden im Körper aufzulösen. Mithilfe von Atemübungen, durch bestimmte Bewegungen und Berührungen soll der natürliche Energiefluss im Körper wiederhergestellt werden.
Integrative Körpertherapie
Die integrative Körpertherapie ist aus der Gestalttherapie entstanden und wurde für Menschen mit geistiger Behinderung entwickelt. Die Patienten sollen lernen, sich über den Körper auszudrücken und eine Verbindung zu sich zu finden. Dazu setzt der Therapeut körperliche Übungen ein, die den Bedürfnissen des Patienten entsprechen. Ein unruhiger Patient erhält zum Beispiel ruhige Übungen, die ihm ein Gefühl von Sicherheit vermitteln.
Rolfing
In der Rolfing-Methode der Biochemikerin Ida Rolf geht es um die Bearbeitung des Binde- und Muskelgewebes. Der Körpertherapeut aktiviert das Bindegewebe, indem er in langsamen Bewegungen über die Haut fährt. Diese Methode ist hilfreich unter anderem bei Verspannungen im Körper, Haltungsproblemen und Gelenkbeschwerden.
Funktionelle Entspannung
In der funktionellen Entspannung lenkt der Therapeut die Aufmerksamkeit auf bestimmte Körperstellen. Der Patient kann durch die Fokussierung Veränderungen im Körper wahrnehmen. Er lernt, seine Atmung loszulassen und sich in seinem Körper zu entspannen.
Qigong
Das Wort Qigong kommt aus dem Chinesischen und bedeutet soviel wie "Arbeit mit der Lebensenergie". Die zentralen Elemente sind ein achtsamer Umgang mit der Atmung, den Bewegungen, der Haltung und der Konzentration. Die Übungen bestehen aus langsamen fließenden Bewegungen, dem Halten von bestimmten Körperpositionen oder auch meditativen Momenten des Stillsitzens. Durch die Übungen sollen die Selbstheilungsmechanismen des Körpers aktiv werden.
Welche Risiken birgt eine Körpertherapie?
Die Arbeit mit dem Körper erfordert vom Therapeuten ein umfangreiches Wissen und eine gewisse Erfahrung. Nicht alle Übungen sind nämlich für alle Patienten geeignet. Die falsche Anwendung kann zu belastend sein oder sogar Verletzungen nach sich ziehen. Vor allem ältere Menschen können durch eine übermäßige Aktivität überlastet werden. Manchen Patienten fällt es schwer, sich bei den passiven Übungen darauf einzulassen, vom Therapeuten bewegt zu werden. Verkrampft sich der Patient, während der Therapeut Bewegungen durchführt, können Schmerzen oder Verletzungen auftreten. Gut ausgebildete Körpertherapeuten achten jedoch auf Widerstände des Patienten und sprechen diese an. Patienten, die traumatische Erlebnisse hatten, können durch Berührungen am Körper an diese erinnert werden. Wenn die Körpertherapie heftige emotionale Reaktionen bei Betroffenen auslöst, muss sie eventuell abgebrochen werden. Der Therapeut arbeitet dann zunächst im Gespräch an der Stabilisierung des Patienten.
Was muss ich nach einer Körpertherapie beachten?
Eine Körpertherapie kann nicht nur körperlich, sondern auch seelisch herausfordernd sein. Nehmen Sie sich daher genügend Zeit, um die Sitzungen zu verarbeiten. Achten Sie auch darauf, wie sich Ihr Körper nach der Körpertherapie anfühlt. Wenn Sie Schmerzen empfinden, die nicht weggehen, sollten Sie unbedingt den Therapeuten darüber informieren. Im Zweifelsfall sollten Sie auch medizinischen Rat einholen. Wenn Sie Übungen zu Hause durchführen, achten Sie darauf, Bewegungen nie mit Gewalt zu erzwingen. Versuchen Sie während der Körpertherapie-Übungen, mit und nicht gegen ihren Körper zu arbeiten.
Quelle: Netdoktor 2020